Der erste Tritt in die Pedale

by Benni

Eine Radreise um die Welt beginnt mit dem ersten Tritt in die Pedale.

Blöd nur, wenn die Pedale abbricht. Meine beiden Brüder und ich hatte gerade die ersten zwanzig Kilometer zurückgelegt, als es „Klack“ machte und das Mountainbike von Christian nur noch eine Padale hatte. Wir konnten uns nicht erklären, wie sich sich lösen konnte. Auch mein noch so funktionelles Werkzeug konnte die Pedale nicht wieder an dem Fahrrad befestigen. Was sollten wir jetzt machen? In Bad Säckingen, etwa zehn Kilometer entfernt, gab es den nächsten Fahrradladen. Aber wie dorthin kommen? Mit einem Seil abschleppen? Ging nicht einmal für ein paar Meter gut. An der Schulter festhalten und ziehen? Ging sehr langsam und auch nur für eine kurze Distanz. Wie gut, dass sich Edith, meine Nachbarin, ganz spontan entschlossen hatte, uns bis Bad Säckingen zu begleiten. Sie schaffte es irgendwie, auf dem Stück, das von der Pedale übrig war, Halt zu finden und das Fahrrad zu fahren. Also wurden kurzerhand die Räder getauscht und in Windeseile trafen wir in Bad Säckingen ein, wo die Pedalen schnell getauscht waren.

Was für ein idealer Start meiner Tour! Und das soll nicht ironisch gemeint sein. Denn was gibt es besseres, als gleich zu Beginn einiger Illusionen genommen zu werden: Bei einer solchen Reise läuft nicht alles „glatt“, es treten immer wieder Schwierigkeiten auf – und in Zukunft wird das nächte Fahrradgeschäft oder die nächste helfende Hand nicht gleich um die Ecke liegen.

Der erste Pedalschlag

Am Montag, den 24. September, ging es also endlich los. Nach Wochen, in denen ich mich vorbereitet hatte, fast meinen ganzen Besitz losgeworden war und mich von so vielen, liebgewonnenen Menschen verabschiedet hatte, stand ich am Morgen bereit, um den ersten Pedalschlag zu unternehmen. Nochmals waren einige Leute gekommen, um mich zu verabschieden. Aber irgendwie habe ich mich schlecht gefühlt. Nach dem ganzen Stress der letzten Zeit war mir irgendwie gar nicht mehr zum Radeln zu Mute. Wo war nur die Vorfreude der letzten Monate hin?

Da war es schon sehr hilfreich, dass ich erstmal nicht alleine war. Meine Brüder konnten sich beide Urlaub nehmen, um mich für zwei Tage zu begleiten. An dieser Stelle sei besonders den zwei Frauen gedankt, die die frisch verheirateten Männer ziehen haben lassen. Besten Dank Euch beiden!

Gegenwind formt den Charakter

Nach dem kleinen Zwischenfall mit der Pedale ging es dann in Windeseile zum Rheinfall bei Schaffhausen, wo wir eine Jugendherberge gebucht hatten. „In Windeseile“ meint in diesem Fall allerdings nicht schnell, sondern verlangsamt durch den steten Gegenwind. Damit war das Aufkommen einer weiteren Illusion ausgeschlossen: Ich werde nicht immer Rückenwind haben. Aber: „Gegenwind formt den Charakter“. So steht es zumindest auf dem T-Shirt, das mir eine befreundete Familie zur Abreise geschenkt hatte. Ich will’s hoffen.

Wir erreichten den Rheinfall erst in der Dämmerung. Dafür erwartete uns unsere Mutter und ihr Lebensgefährte. Es folgte eine weitere Verabschiedung.

Ein lang gefürchteter Abschied

Heute fuhren wir dann weiter den Rhein nach Konstanz hinauf. Der Gegenwind hatte nicht abgenommen, dafür schien die Sonne und der Blick auf den fernen Bodensee motivierte uns, in die Pedalen zu treten. Nach einem letzten gemeinsamen Essen verabschiedenten wir uns dann am Ufer des Bodensees. Wie lange hatte ich mich vor diesem Moment gefürchtet! Nun hieß es, auch den letzten Weggefährten Tschüss zu sagen und tatsächlich alleine unterwegs zu sein.

Nun lenke ich mich mit Konstanzer Kaffee und dem Schreiben des ersten Blogeintrags ab. Und während ich so schreibe, sage ich mir selbst: Wehmut macht jetzt wenig Sinn. Ein lang gehegter Plan und Traum wird jetzt wahr. Nun gilt es, nach vorne zu schauen.

Ich werde zunächst in Richtung Alpen und Österreich aufbrechen. Von dort möchte ich den Balken und die Türkei ansteuern. Aber wo es genau hingeht, will ich offen lassen. Der erste Tritt in die Pedale ist gemacht.

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10 Kommentare

Andrea Baumann September 25, 2018 - 21:12

Hi Benni! Ich kann gut mit Dir fuehlen. Ploetzlich ist die Realität da und Du musst Dich Ihr stellen. Ich denke Du wirst viele spannende Begegnungen haben die Dich praegen und staerken. Gott ist an Deiner Seite und schreiben ✍️ was Du erlebst wird ein Teil Deiner Verarbeitung sein. Ich freu mich schon jetzt auf alle Deine Nachrichten. Gott segne und behuete Dich wo immer Du auch sein wirst. Werde viel in Gedanken bei Dir sein. Liebe Gruesse, Sister Andraaaa.

Antwort
Velospektive September 26, 2018 - 16:30

Sister Andra! Danke Dir und liebe Grüße.

Antwort
Christian September 26, 2018 - 01:46

Hey Benni, die Realität ist manchmal doch wahrlich ein komisches Etwas. Ich hoffe du konntest im Kaffee das Gefühl gänzlich ablegen bzw. in positive Gedanken umwandeln! Ich hoffe und bete, dass du in den nächsten Tagen auf viele positive Momente blickst, tolle Begegnungen erfährst und dich stets getragen weißt und fühlst durch Christus.

Liebe Grüße, i will pray for you
Christian

Antwort
Velospektive September 26, 2018 - 16:28

Danke, vermisse Euch schon ein bisschen. Aber das Wiedersehen wird umso schöner. Grüße aus Feldkirch!

Antwort
Friedrich September 27, 2018 - 09:43

Gute Reise, lieber Ben! Viele schöne und bereichernde Erlebnisse wünsche ich Dir und Gottes Segen dazu.
Liebe Grüße
Friedrich

Antwort
Velospektive September 29, 2018 - 12:11

Lieber Friedrich,
besten Dank und liebe Grüße zurück!

Antwort
Vivi September 29, 2018 - 00:35

Benczik, super schön von dir zu lesen! Ich wünsche dir eine gute Reise und dafür Gottes Segen! Ich freue mich, von dir zu lesen. Genieße es. Liebe Grüße

Antwort
Velospektive September 29, 2018 - 12:12

Vivi! Schön von Dir zu lesen. Grüße.

Antwort
Eli September 29, 2018 - 12:15

Das Leben ist eine Reise
man fährt.
Durch Gärten und Wüsten,
durch manches Tal.
Der Weg zum Leben ist schmal.
Jeder Pedalentritt kurbelt den neuen Lebensabschnitt an. Und der schmale Weg
führt mit jedem Tag
ein Stück näher
zu einem König.
Der das Ziel ist und gleichzeitig innigster Begleiter.
Der König aller Könige.
Herr der Herrlichkeit.
Friedefürst.

von Lane

Antwort
Viele Begegnungen und ein bisschen Radfahren - mit dem Fahrrad durch Israel - Velospektive Dezember 11, 2018 - 21:15

[…] glauben, dass mich mein Fahrrad wirklich in diese Stadt tragen würde. Doch es ist so, wie ich mir zu Beginn selbst gesagt habe: Eine Reise um die Welt beginnt mit dem ersten Tritt in die Pedale. Wer nur […]

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