Wie ich auf meiner Fahrradreise navigiere

by Benni

Da mich häufig Leute dazu befragen und ich selbst viel Recherche zu dieser Frage betrieben habe, will ich hier gerne beschreiben, wie ich auf meiner großen Fahrradreise navigiere. Vorab allerdings eine Klarstellung: Ich erhalte keinerlei Sponsorengelder und habe kein Produkt geschenkt bekommen, um es an dieser Stelle zu bewerben. Dieser Beitrag gibt schlicht meine persönliche Erfahrung wieder. Ich hoffe, er ist für einige hilfreich.

Von der Freude, fern der Hauptstraße unterwegs zu sein

Für mich ist dieses Thema besonders aus folgendem Grund relevant: Wer eine gute Art findet, seine Reise zu planen und während dieser zu navigieren, der kommt in den Genuss, einsame Gegenden und ruhige Hinterwege zu befahren. Je länger ich unterwegs bin, desto mehr wird mir klar, was für einen großen Unterschied dies macht.

Auf den Nebenstraßen ist man nicht nur mit weniger Verkehr konfrontiert, sondern sieht zudem schönere Landschaften. Ich erinnere mich beispielsweise an einige Passagen in der Türkei. Zunächst bin ich dort der Hauptstraße gefolgt, habe die Umgebung gesehen und mir gedacht, dass diese auch neben der Hauptstraße nicht besonders attraktiv sein würde. Als ich dann aber doch die Hauptstraße verlassen habe, bin ich sofort auf eine vielfältigere Pflanzenwelt, auf weniger Müll und so manchen kleinen, bildhübschen Ort getroffen.

Außerdem kommt man fern der Hauptstraßen einfacher mit Leuten in Kontakt. Auf den Hauptstraßen ist viel Betrieb, die Menschen verkaufen ihre Waren und hetzten von einem Ort zum anderen. Die Nebenstraßen dagegen sind die Orte, an denen die Menschen wohnen und auf denen selten ein Fremder vorbeikommt.

Um die Vorteile der Nebenstraßen genießen zu können, ist eine ordentliche Routenplanung und Farradnavigation von immenser Hilfe.

Analoge Hilfsmittel

Als ich vor zehn Jahren mit dem Radreisen begonnen habe, befand sich die Fahrradnavigation noch in der Steinzeit. Ich erinnere mich, wie ich für zwei Monate durch Skandinavien gefahren bin. Ich hatte nicht einmal eine Papierkarte für alle Gegenden, die ich durchfahren bin, dabei (schon das war für mich armen Studenten zu teuer), geschweige denn ein GPS-Gerät oder ein Smartphone. Meine Navigationshilfen bestanden in Straßenschildern, Fahrradhinweisschildern und den Auskünften von Einheimischen. Ich weiß also, was es bedeutet, absolut „analog“ zu navigieren. Und auch heute möchte ich trotz des digitalen Fortschritts diese Hilfsmittel nicht ganz verwerfen.

Die gute, alte Papierkarte beispielsweise bietet noch immer die angenehmste und beste Art, sich einen Überblick über ein Land zu verschaffen. Zudem ist sie schnell zur Hand und kann auch Einheimischen leicht gezeigt werden. Auch diese Kommunikation mit anderen Menschen ist nicht nur eine gute Hilfe zum Vorankommen, sondern zusätzlich eine einfache Art, in Kontakt zu treten.

Doch trotzdem ist für mich die Reise ohne digitale Hilfen heute nicht mehr denkbar. Damals habe ich mich andauernd verfahren oder bin in einer Sackgasse gelandet, das passiert mir heute fast gar nicht mehr. Zudem traue ich mich mit den digitalen Hilfen in Gegenden (besonders Gebirge!), die alleine mit analogen Navigationshilfen gar nicht erst in Frage gekommen wären.

GPS-Gerät vs. Smartphone

Was ist aber der beste Weg, um die digitalen Vorteile zu nutzen? Ich bin im Jahr 2016 in die digitale Fahrradnavigationswelt eingestiegen, indem ich mir ein GPS-Gerät zugelegt habe. Garmin ist hier der Marktführer, ich habe mich für das Garmin GPSMAP 64s entschieden. Das hat mir die letzten Jahre gute Dienste geleistet. Man kann Karten auf das Gerät laden (in fast allen Fällen scheinen mir dazu die kostenlosen OpenSource-Karten die besten, siehe z.B. OpenStreetMap, OpenTopoMap oder OpenMtbMap) und zusätzlich Routen und Tracks, die man vorher geplant oder von anderen Quellen erhalten hat (meist im GPX-Format), hinzufügen. Man hat mir gesagt, dass ein GPS-Gerät besseren Empfang hat, wetterbeständiger ist und seine Batterie länger hält, als ein Smartphone.

Zu Beginn meiner Weltreise im September 2018 habe ich mich dann kurzerhand entschlossen, neben dem GPS-Gerät als eine Art Back-Up auch mein Smartphone zu nutzen. Auf meinem Lenker hatte ich also zwei Geräte installiert, die mir im Prinzip das selbe zeigten, allerdings in einer ganz anderen Art. Die ersten Tage habe ich mich dann dabei ertappt, dass ich eigentlich nur auf das Smartphone geschaut habe. Schon nach wenigen Tagen habe ich das Garmin GPS-Gerät also in eine Tasche verbannt und seitdem nicht wieder hervorgeholt. Das hätte ich noch zu Beginn der Reise nicht für möglich gehalten, aber die ersten Tage auf der Straße haben mich von der Smartphone-Navigation überzeugt.

Zu Beginn noch vereint, bald hat sich jedoch das Smartphone durchgesetzt

Mit dem Smartphone hat man eine viel bessere Übersicht; der Bildschirm ist größer, schärfer und bietet mehr Farben; man kann die Karte einfacher verschieben, nach Orten suchen und Markierungen erstellen. Zudem bietet das Smartphone bekanntlich viele weitere Optionen neben der Navigation. Würde ich mit dem GPS-Gerät navigieren, müsste ich jedes Mal das Smartphone hervorkramen, um etwas im Internet zu suchen, einen Anrufen zu tätigen oder die Währung umzurechnen – um nur drei von tausenden Dingen zu nennen, die diese smarten Dinger eben heute beherrschen.

Stromverbrauch

Wie sieht es aber mit dem Stromverbrauch aus? Für viele ist dies ein Argument, beim GPS-Gerät zu bleiben. Das ist für mich allerdings nicht (mehr) nachvollziehbar. Ich nutze das Smartphone normalerweise im „Flugzeugmodus“, eine Akkuladung hält damit etwa vier Stunden, wenn ich navigiere und meine Fahrt aufzeichne. Das Garmin-Gerät, das genau das gleiche leistet, hält nur geringfügig länger durch. Zusätzlich lade ich das Smartphone über meinen Nabendynamo und den Forumslader während der Fahrt (mehr dazu bald in einem eigenen Artikel).

Display-Helligkeit

Und wie steht es mit der Helligkeit? Zugegeben: Das GPS-Gerät hat den netten Vorteil, dass man bei Sonnenschein keine Hintergrundbeleuchtung benötigt. Der Vorteil hat sich allerdings gegessen, wenn man häufig durch Wald- oder Tunnelpassagen fährt. Die meiste Zeit hatte ich so trotzdem die Hintergrundbeleuchtung eingeschaltet.

Das Smartphone habe ich für gewöhnlich auf etwa 3/4 der maximalen Helligkeit eingestellt. Damit kann ich alle Details auf der Karte selbst bei hellem Sonnenschein gut erkennen. Dabei verfügt mein Smartphone nicht einmal über ein mattes Display, vermutlich kann man damit die Sichtbarkeit bei Sonnenschein zusätzlich erhöhen.

GPS-Empfang

Garmin wirbt damit, dass das GPSMAP 64s sowohl das amerikanische GPS-, als auch das russische GLONASS-Signal empfangen kann. Heißt das, dass man mit dem einfachen GPS-Empfang eines Smartphones schlechter dran ist? Ich hatte bisher nie – abgesehen von engen Gassen und Tunneln, wo auch jedes GPS-Gerät versagt – auch nur irgendwelche Empfangsschwierigkeiten mit dem Smartphone.

Wetterbeständigkeit

Wer mit dem Smartphone navigieren will, der kommt wohl auf Dauer um eine wasserdichte Version nicht herum. Ich nutze das Samsung Galaxy Xcover 4 und bin auch in dieser Hinsicht absolut zufrieden. Lediglich in äußerst starkem Regen lässt sich das Display nicht mehr richtig bedienen, hier gewinnt sicherlich das GPS-Gerät, das mit Knöpfen bedient wird. Allerdings kommt es selten vor, dass ich längere Zeit in starkem Regenfall unterwegs bin.

Die beste App zum Navigieren

Wer sich für das Smartphone zum Navigieren entschieden hat, der hat damit lediglich die Einstiegsfrage beantwortet. Welche App soll man aber nun zum Navigieren nutzen? Das Angebot an Navigations-Apps wächst rasant und ist schon jetzt kaum mehr zu überblicken. Auch ich kann nicht von mir behaupten, einen guten Überblick zu haben.

Ich bin Dank der mehrfachen Empfehlung anderer Radreisenden schnell auf OruxMaps gestoßen und vollkommen zufrieden. Diese App verfügt über unglaublich viele Optionen und Anpassungsmöglichkeiten, der Einstieg ist aber trotzdem recht einfach. Man kann für alle Regionen der Welt Karten herunterladen und so die App offline nutzen. OruxMaps tut verlässlich, was es soll. Ich kann die App also nur empfehlen, besonders, weil sie Open-Source und somit konstenlos zu haben ist!

Neben Orux scheinen mir Alpine-Quest, Maps.me und Backcountry Navigator verlässliche und bezahlbare Alternativen.

Routenplanung mit Mapy und Komoot

Mit einer guten App und offline verfügbaren Karten kommt man schon recht weit. Man kann auch kleinste Wege und Pfade sehen und sich so eine Route abseits der Hauptstraßen zusammenstellen. Für die lange Distanz ist das jedoch sehr mühsam; zusätzlich gibt auch der Blick auf die Karte nicht immer alle nötigen Informationen preis. Was auf der Karte beispielsweise wie eine einfache Kreuzung erscheint, könnte in Wirklichkeit eine Unterführung sein, sodass man nur mit einem großen Umweg (oder dem Klettern über Hindernisse) auf die gewünschte Straße abbiegen kann.

Routenplanungs-Software verfügt über diese zusätzlichen Informationen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte also gerade für längere Touren auf solche Software zurückgreifen. Zu Beginn habe ich meine Routen mit Mapy, einem kostenlosen, tschechischen Anbieter, geplant. Den kann ich auch weiterhin empfehlen. Allerdings hat mich Mapy des Öfteren in eine Sackgasse oder auf einen unbefahrbaren Weg geführt.

Mit dem Betreten der Türkei bin ich deshalb zu Komoot gewechselt, einem recht jungen Unternehmen aus Berlin. Komoot funktioniert im Prinzip genauso, wie Mapy: Es nutzt die OpenStreetMap-Daten und versucht mit einem intelligenten Algorithmus den besten Weg zwischen zwei Orten zu berechnen. Das besondere bei Komoot ist allerdings: Die Software ist lernfähig, je mehr Personen sie also nutzen und Rückmeldung über die gefahrenen Strecken geben, desto besser werden die vorgeschlagenen Routen. Zudem bietet Komoot die nette Funktion, Routen für das Mountainbike und sogar das Gravelbike anzupassen.

Dank Komoot auf ruhiger Straße unterwegs

Ich bin nun schon über tausend Kilometer auf Routen unterwegs gewesen, die mir von Komoot vorgeschlagen wurden, und durchweg zufrieden. Komoot scheint mir also die beste Option in diesem Bereich zu sein. Und auch der Preis ist in Ordnung: Man zahlt einmalig 30€ und kann Komoot weltweit und zeitlich unbegrenzt nutzen.

Alternative: Folge anderen

Auf den bisher 4500 zurückgelegten Kilometern bin ich nicht nur automatisch erstellten, sondern auch von anderen Radlern vorgeschlagenen Routen gefolgt. Dieses Angebot wächst ebenfalls rasant. Auch ich trage dazu bei, indem ich meine gefahrene Route als GPX-Dateien auf meine Homepage lade. Damit kann man theoretisch genau den Weg abfahren, auf dem ich unterwegs gewesen bin. Tausender solcher Routen findet man etwa auf Gpsies oder Bikemap.

Wer mit dem Mountainbike und im Bikepacking-Stil unterwegs ist, für den ist zusätzlich Bikepacking.com die erste Anlaufstelle. Hier findet man vorrangig für die USA, aber auch für viele andere Teilen der Welt professionell gestaltete Routen, die oft auch als Rennen gefahren werden. In Slowenien und Kroatien war ich schon auf der jeweiligen Route unterwegs, im Moment folge ich der HolyLandChallenge in Israel.

Zuletzt gibt es natürlich auch die Möglichkeit, festen Radwegen zu folgen. Europäische Radler sind besonders reich mit solchen beschenkt, so kann man beispielsweise durch ganz Europa auf dem Eurovelo-Radnetz reisen. Immer mehr dieser Radwege finden sich im Internet als GPX-Dateien. Wenn sie nicht von den jeweiligen Ländern und Gesellschaften hochgeladen werden, dann findet man sie meist auf den erwähnten GPX-Datenbanken (wie Gpsies und Bikemap) oder auch auf Komoot.

Radwege in der Türkei

Zusammenfassung

Folgende Vorgehensweise hat sich im Laufe der letzten 4500 Kilometer also als die beste für mich herausgestellt: Das Smartphone dient mir als Navigationswerkzeug. Auf OruxMaps lade ich die jeweils benötigte Karte, sodass ich sie offline nutzen kann. Meine Strecke plane ich mit Komoot, exportiere diese als GPX-Datei und lade sie ebenfalls auf Orux. Die App zeichnet meine Fahrt auf, welche ich wiederum als GPX-Datei auf meine Homepage lade. Befinde ich mich in einem Land, in dem es gute Fahrradwege oder Bikepacking-Routen gibt, dann folge ich alternativ diesen.

Ich habe einen Laptop dabei, das ist für das Routenplanen viel komfortabler. Komoot bietet zwar eine App an, über die man auch Routen planen kann; eine GPX-Datei lässt sich über diese App allerdings nicht generieren, dazu muss man die Browser-Variante von Komoot nutzen. Falls Komoot hier irgendwann einmal nachrüstet, dann lässt sich dieser Weg auch ohne Laptop relativ einfach praktizieren.

Entspannte Routenplanung beim Kaffetrinken

Mir gibt diese Art, meine Reise zu planen, Sicherheit. Gleichzeitig versuche ich aber, trotzdem offen für Änderungen zu sein. Es ist nämlich ein gutes Gefühl, ab und zu einen schönen Weg oder einen interessante Ort zu erspähen, die geplante Route zu verlassen und sich ins Ungewisse zu begeben. Das ist ein Freiraum, den ich mir neben all dem Planen immer wieder versuche zu nehmen.

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6 Kommentare

Dominic Dezember 15, 2018 - 17:15

Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht. Eine Kleinigkeit möchte ich korrigieren: OruxMaps ist Freeware (d.h. kostenlos), aber nicht Open Source bzw. frei wie in Freiheit. Ich selbst nutze zum Navigieren eim Radeln übrigens OsmAnd: https://osmand.net/ OsmAnd nutzt auch die Karten von OpenStreetMap, ist Open Source und auch in F-Droid verfügbar: https://f-droid.org/packages/net.osmand.plus/ Hast du diese Software auch mal ausprobiert?
PS.: Ich denke ein armer „Stunden“ warst du nicht 😉

Antwort
Velospektive Dezember 15, 2018 - 19:18

Danke Dominic für die Anmerkung!
von OsmAnd habe ich schon öfters gehört, aber noch nie ausprobiert. Habe sie direkt mal installiert und werde sie jetzt testen.
Danke für die Korrektur, ist verbessert – da hab ich wohl an meinen mickrigen „Stundenlohn“ als Fahrradkurrier gedacht 😉

Antwort
Peter Mai 19, 2019 - 10:28

danke für deinen interessanten und informativen Artikel. Er hat mir bestätigt weiterhin mit Oruxmaps ddurch Europa zu radeln. Die Routenplanung mache ich vorgängig oder unterwegs auf GPSies und lade die Route dann als GPX-Route auf mein Smartphone. Vorab nicht vergessen die nötigen Karten als Offlinekarten zu laden.
Weiterhin gute Reisen

Antwort
Velospektive Mai 20, 2019 - 07:41

Danke Peter, GPSies nutze ich auch ab und zu.

Antwort
Klemens Kohlgrüber März 11, 2021 - 08:13

Danke für die gute Übersicht! Ich nutze komoot und wie Dominic auch OsmAnd. komoot hat den bekannten Vorteil, dass die Routen über den PC planbar sind und in der komoot-Cloud gespeichert werden. Was mir bei komoot fehlt, sind auch POIs mit Infos speichern zu können. Deshalb nutze ich gerne OsmAnd zum navigieren. Die Planung von Routen und POIs mache ich mit verschiedenen „Unterlagen/Tools“ und erstelle das Ergebnis in MyMaps (google). Das Ergebnis exportiere ich und lese es in OsmAnd ein. Beste Grüße Klemens

Antwort
Benni März 11, 2021 - 08:15

Hallo Klemens,
danke für die Ergänzungen.
Mittlerweile nutze ich auch OsmAnd. Ich exportiere Routen als GPX-Dateien aus Komoot und lade sie dann direkt in die OsmAnd-App.

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