Radfahren vor der Haustür – der Wappenweg rund um Ennepetal

by Benni

Im Moment befinde ich mich in Deutschland und warte darauf, dass ich in den Nahen Osten ausreisen kann. Ich wohne bei meinem Bruder und seiner Familie in Gevelsberg. Weder ist die Stadt ein Highlight, noch die Region drumherum eine Hochburg des Tourismus. Aber ich habe gelernt, dass auch jene Regionen abseits der Touristenrouten es wert sind, entdeckt zu werden. Oft bieten gerade diese Regionen besonders stille Wälder, einsame Flusstäler und urige Dorfzentren.

Vor einiger Zeit kam mein Bruder begeistert ins Haus gestürmt und erzählte mir von einem Wanderweg, der einmal um Ennepetal, die Nachbarstadt von Gevelsberg, führt – der Wappenweg.

Hier eine grobe Darstellung der geographischen Lage:

Der Wappenweg ist ebenfalls kein Touri-Highlight, etwas, für das man extra anreist, das man sich für eine Urlaubs-Wandertour vornimmt. Aber er ist einer von diesen vielen praktischen, lokalen Wanderwegen in Deutschland. Er führt einen auf unbekannten Seitenwegen, stets abseits der großen Straßen und ist durchgehend in beide Richtungen beschildert. Solche Wege sind eine wunderbare Möglichkeit für ein Microadventure vor der eigenen Haustür und um die eigene Umgebung ganz neu zu entdecken.

Der Wappenweg
Streckenlänge: 56 km
Höhenmeter: 1662m
Höchster Punkt: 387m
Tiefster Punkt: 176m

Das Foto stammt von Martin Hülle, der den Wappenweg abgewandert ist und darüber hier berichtet hat.

Mit dem Mountainbike auf dem Wanderweg

Meinem Bruder und mir war schnell klar, dass wir diesen Weg in Angriff nehmen würden. Mein Bruder wollte die Region, in der er mittlerweile seit ein paar Jahren lebt, genauer erkunden; ich hatte sowieso Zeit und war um jede Beschäftigung dankbar. Wir einigten uns darauf, den Weg in zwei Etappen jeweils von Gevelsberg aus abzufahren. Also auf!

Bevor wir aber zu den Rädern griffen, kam eine Frage auf: „Kann und darf man solch einen Wanderweg überhaupt mit dem Mountainbike befahren?“ Auf die Frage nach dem Dürfen hatte ich schnell die Antwort: Nur in Baden-Württemberg gilt die sogenannte Zwei-Meter-Regel, die es Radfahrern in Wäldern verbietet, auf Wegen unterwegs zu sein, die schmaler als zwei Meter sind. Glücklicherweise nicht so in NRW! Natürlich gilt das allgemeine Gebot der gegenseitigen Rücksicht. Prinzipiell darf man aber jeden „festen Weg“, also auch enge Wanderwege, mit dem Fahrrad befahren.

Das fasst die gesetzliche Lage ganz kurz zusammen. Ein paar weitere Infos, die mir generell auf solchen Touren wichtig sind, gibt’s hier in der Infobox:

Infobox: Trail Rules – Wegeregeln für's Mountainbiken
In Deutschland ist das Befahren von öffentlichen Straßen 
und Wegen grundsätzlich gestattet, solange es keine
landesspezfischen Sonderregeln oder temporären 
Einschränkungen gibt. Um allerdings die Umwelt zu 
schonen, Konflikte mit anderen Menschen zu vermeiden 
und ganz allgemein zusätzlichen Gesetzen, die diese 
Freiheit einschränken, vorzukommen, halte ich es für 
sinnvoll, folgende Punkte zu beachten, die die 
Deutsche Initiaitve Moutainbike zusammengefasst hat:
1. Fahre nur auf Wegen.
2. Hinterlasse keine Spuren.
3. Halte dein Mountainbike unter Kontrolle.
4. Respektiere andere Naturnutzer.
5. Nimm Rücksicht auf Tiere.
6. Plane im Voraus.
Die ausführliche Erläuterung findet sich hier.

Die Frage nach dem Können, also ob dieser Wanderweg überhaupt gut als Mountainbikestrecke geeignet war und wir ihn abfahren könnten, ließ sich aus dem Wohnzimmer nicht beantworten. Dafür mussten wir uns wirklich aufmachen und es testen. Also auf ging’s.

Überraschungen schon nach wenigen Kilometern

Von Gevelsberg aus gelangen wir schnell auf den Wanderweg. Wir folgen ihm gegen den Uhrzeigersinn. Es geht durch die Kreisstadt Schwelm, dahinter warten die ersten längeren Waldabschnitte und Trails.

Wir stellen schnell fest: Dieser Wanderweg ist nicht nur gut beschildert und führt geschickt an schönen Stellen vorbei, sondern er eignet sich tatsächlich auch ideal als MTB-Strecke! Nur manchmal müssen wir unsere Räder über Stufen, kleine Brücken oder steile Anstiege hinauf schieben. Die meisten Abschnitte lassen sich aber ohne Probleme fahren. Das hängt wohl auch mit der Bodenbeschaffenheit hier in der Region zusammen: Fast nie sind wir auf holprigen, steinigen Pfaden unterwegs.

Nach 15 Kilometern kommen wir nach Beyenburg, einem Dorf, das zur Großstadt Wuppertal gehört. Ein Großstadt-Feeling kommt hier allerdings nicht auf. Das Dorf liegt wunderschön an der gestauten Wupper, im Dorfzentrum gibt es viele schmucke Häuser. Luftlinie liegt dieser Ort nicht einmal zehn Kilometer von Gevelsberg entfernt, und trotzdem war ich noch nie hier. Alleine schon wegen solcher Entdeckungen lohnt sich die Fahrt.

Talsperre folgt auf Talsperre

Hinter Beyenburg folgen weitere einsame Waldwege und Wanderpfade. Der Zugang zur Heilenbecker Talsperre ist wegen Bauarbeiten gerade gesperrt. Dafür folgen wir der in unzähligen Windungen fließenden Ennepe, arbeiten uns einen weiteren steilen Forstweg hinauf und wieder hinab und gelangen schließlich an die Hasper Talsperre.

Überhaupt gibt es hier im Bergischen Land, in dessen Ausläufern wir uns befinden, eine beeindruckende Dichte an Talsperren. Wenn wir unsere Tour weiter nach Süden ausweiten würden, wir würden schnell ein halbes Dutzend weitere Staumauern erreichen – vielleicht ein Projekt für die kommenden Wochen.

Entdecke Deine Umgebung neu!

Glücklich und voll neuer Entdeckungen in unserer unmittelbaren Umgebung kehren wir nach Gevelsberg zurück. Was die Wälder und Dörfer um uns herum doch so alles zu bieten haben! Und wir haben gerade einmal 56 Kilometer Wege erkundet. Es gibt noch viel mehr zu entdecken!

Und denke, dass die aktuelle Ausnahmesituation uns dazu zwingt, unseren Bewegungsradius wieder enger zu fassen. Wir können nicht mehr so einfach in andere Bundesländer, geschweige denn ins Ausland reisen. Dieses Zurückgeworfensein auf unsere unmittelbare Umgebung bietet aber auch neue Chancen.

Also suche nach lokalen Wanderwegen, schnapp Dir dein Fahrrad – oder Deine Wanderstiefel – und mache Dich auf! Es gibt mehr zu entdecken, als Du denkst.

Der Wappenweg auf großer Karte dargestellt:

Hier gibt es weitere Informationen zu dem Weg und die GPX-Datei zum Downloaden.

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