Orbit 360 – Sachsen

by Benni

Wo soll ich meinen ersten Orbit bestreiten? In meiner alten Studienheimat Dresden könnte ich ein paar Freunde besuchen und von dort auf die 220 Kilometer lange Runde starten. Zusätzlich begeistert mich die Sächsischen Schweiz und das Elbsandsteingebirge immer wieder neu.

Die Wahl ist also schnell getroffen, am 26. Juli geht‘s früh morgens in Dresden los.

Begleitung auf den ersten Kilometern

Ich muss nicht alleine an den Start gehen. Zwei Dresdner Freunde, Tobi und Viki, wollen mich zumindest auf dem ersten Teil der Strecke begleiten.

Hier stellt sich natürlich die Frage, ob das erlaubt ist. Eigentlich handelt es sich bei dem Orbit 360 um ein Solorennen, in den Regeln heißt es: „It´s a solo race. No drafting allowed.“ Das ist natürlich sehr weit gefasst. Klar ist: Jeder muss die Strecke aus eigener Kraft und mit eigenem Material bestreiten.

Wir beschließen also, zwar zusammen zu fahren, aber keinen Windschatten zu nutzen. Da ich die Route auf meinem Navi habe, fahre ich sowieso immer voraus. Außerdem hat jeder seine eigene Verpflegung und sein eigenes Material (also auch Werkzeug und Ersatzteile) dabei. Ich denke, dass wir so den Regeln gerecht werden.

Durch die Dresdner Heide

Der Startpunkt liegt in der Heide in der Nähe der Dresdner Neustadt. Es geht auf einer breiten Schotterstraße der Prießnitz entlang und hinauf. Dafür sind die Gravelbikes von Tobi und Viki wie gemacht. Sie fahren auf recht dünnen Reifen und ohne Federung. Hier kommen sie damit gut voran, ich hoffe, dass uns nicht allzu viele harte und ruckelige Passagen erwarten.

Tobi auf seinem Gravelbike

Ich bin mit meinem Cube Mountainbike unterwegs. Würde ich ein etwas schnelleres Rad mit etwas dünneren Reifen besitzen, ich hätte mein MTB wohl zu Hause gelassen. Allerdings kann ich nur zwischen einem Rennrad und einem MTB wählen, und für ein Rennrad sind die Orbits definitiv nicht gemacht.

Hinter der Heide führt uns der Track bald auf einen Golfplatz. Noch sind hier keine Golfer aktiv, sodass wir uns nicht vor heranfliegenden Bällen wegdücken müssen. Dafür erblicken wir hinter uns den großen Fernsehturm. Dieser wird kontinuierlich kleiner – wir entfernen uns zunehmend von der Stadt und kommen der Sächsischen Schweiz näher.

Nicht gemacht für dünne Reifen

Im Liebenthaler Grund wird es zum ersten Mal richtig malerisch. Passenderweise folgen wir hier auch dem berühmten Malerweg, den ich selber schon abgewandert bin. Wir folgen der Wesenitz, welche an ihren Seiten von wuchtigen Sandsteinen gesäumt wird, für die diese Region so bekannt ist.

Im Liebenthaler Grund

Mit dem Schönheitsgrad steigt jedoch auch der Anspruch an Räder und Fahrer: Wir müssen uns über viele Felsen und Baumstämme kämpfen und nicht selten die Räder Treppen hinauf- und hinabtragen.

Ich leide besonders mit Viki und Tobi, bin gleichzeitig aber glücklich, hier mit dem MTB unterwegs zu sein. Das ganze scheint doch eher eine MTB-Strecke zu sein, damit habe ich nicht gerechnet. So hatte ich extra noch zu den dünneren und nur 2,1 Zoll breiten Schwalbe Thunder Burts gegriffen, um zumindest etwas mehr Speed aus meinem Cube herausholen zu können. Aber selbst 2,2 Zoll breite Reifen mit deutlich mehr Grip würde ich jetzt nicht ausschlagen.

Es gilt einige Hindernisse zu überwinden

Regen und Track zwingen zur Aufgabe

In den folgenden Stunden wird der Track nicht einfacher. Es geht an einem weiteren Fluss (der Polenz) und auf einem Wurzelpfad entlang. Davor und dahinter warten ziemlich steile Anstiege, die Viki und Tobi nur schiebend überwinden können.

Zusätzlich setzt Regen ein. Die Thunder Burts sind bekannt dafür, bei Regen nur äußerst wenig Grip zu bieten. An steilen Anstiegen muss ich also immer das ganze Gewicht auf den Hinterreifen drücken, damit dieser nicht wegrutscht.

Es regnet, es regnet – alles wird nass

Trotz all dem kann ich den Track gut meistern und bin weiter guten Mutes, Viki und Tobi verlässt allerdings jegliche Motivation. Als wir das Kirnitzschtal erreichen, beschließen sie, von hier entspannt nach Bad Schandau hinabzurollen und von dort der Elbe zurück nach Dresden zu folgen.

Imposante Kulisse

Ich folge dem Kirnitzschtal also alleine hinauf. Gerade hier wird der Weg deutlich einfacher, im Kirnitzschtal selber geht es sogar die ganze Zeit auf der Asphaltstraße entlang. Und auch danach geht es auf geschotterten Waldautobahnen voran. Zusätzlich hört es auf zu regnen. Schade! Da haben die beiden im absoluten Tiefpunkt aufgegeben.

Hinter der Kirnitzsch geht‘s an einigen Sandsteingipfeln entlang, dem Kanstein und dem Teichstein. Folgt man hier dem Malerweg, dann erklimmt man sogar einige dieser Gipfel. Das kann dieser Fahrrad-Track natürlich nicht bieten. Aber mir reicht der ferne Blick auf die majestätischen Sandsteine gerade vollkommen aus.

Blick auf einige Sandstein-Gipfel

Wenig später erreiche ich Bad Schandau und die Elbe. Vor einem Jahr bin ich hier während der Bikepacking Trans Germany entlang gekommen und habe mit Tilo und Stefan eine kurze Nacht in einem Apartment verbracht – gute Erinnerungen!

Drei Schritte in Tschechien

Hinter Bad Schandau folgt der Track für einige Kilometer und bis nach Königstein dem Elberadweg – hier kann man Tempo machen!

In Königstein kommen weitere gute Erinnerungen auf: Hier bin ich zweimal auf den Oberelbemarathon gestartet, von hier sind‘s also gut 42 Kilometer bis nach Dresden, wenn man die ganze Zeit der Elbe folgt. Jetzt habe ich allerdings noch knapp 100 Kilometer. Der Track führt mich in Königstein von der Elbe weg und erneut in die Berge hinauf.

Doch auch jetzt geht es auf gut und schnell befahrbaren Wegen entlang. Bald schon erreiche ich die deutsch-tschechische Grenze. Kein Orbit überquert jemals eine Landesgrenze, hier führt er aber zumindest einige Kilometer direkt an der Grenze entlang. Ich nutze die Gelegenheit und gehe zumindest für drei Schritte nach Tschechien hinüber. Diese Grenze ist schließlich erst seit ein paar Wochen wieder offen, das muss genutzt werden!

Kurzer Abstecher in Tschechien

Ein Gewittersturm direkt über mir

Dann fällt mir auf einmal der Himmel auf den Kopf, zumindest fühlt es sich so an. Innerhalb kürzester Zeit wird es ziemlich dunkel. Ich eile voran und hoffe, irgendwo auf eine Schutzhütte zu treffen. Aber Fehlanzeigen – ich bin Mitten im Nirgendwo und immer noch ziemlich hoch, als es zu regnen beginnt wie aus Kübeln.

Aber nicht nur das, es donnert und blitzt auch, und zwar beides zur selben Zeit. Das bedeutet, dass es direkt über mir blitzt. Ich lasse das Rad kurzerhand einfach auf dem Weg liegen, knie mich in eine Bodensenke und bete – wie Luther vor 500 Jahren. Mehrmals schlägt ein Blitz tatsächlich in meiner unmittelbaren Nähe ein.

Dann geht der Sturm genauso schnell, wie er kam, schon nach 15 Minuten ist über mir wieder blauer Himmel. Ich bin nass bis auf die Knochen, aber ansonsten verschont – Gott sei dank!

Das Gewitter kommt und geht schnell

Etwas zitternd, aber ansonsten glücklich rolle ich weiter – noch 35 Kilometer.

Vor Sonnenuntergang am Ziel

Bei Pirna geht es erneut und ein letztes Mal über die Elbe. Dahinter führt mich der Track oberhalb von Pillnitz und einigen Weinhängen nochmals knackige Trails und Wanderwege entlang.

Zum Schluss gibt’s noch einige wunderschöne Blicke auf Dresden

Dann endlich erreiche ich erneut die Heide. Während meiner Zeit in Dresden bin ich hier mehrmals die Woche laufen gewesen, noch immer kenne ich jede Kreuzung und Ecke. So fahren sich die letzten Kilometer umso einfacher. Um kurz vor 20 Uhr, also noch vor Sonnenuntergang und nach insgesamt 13 Stunden und 55 Minuten ist der erste Orbit geschafft!

Mit all den Unterbrechungen bin ich voll zufrieden mit dieser Zeit. Ich bin sowieso nicht in Höchstform, hatte dieses Jahr eigentlich nicht vor, irgendwelche Rennen zu fahren. So war es auch hier nie mein Ziel, irgendwelche Bestzeiten zu knacken.

Glücklich am Ziel

Doch nach dem ersten Orbit ist vor dem zweiten Orbit – 277 Kilometer in Sachsen-Anhalt warten schon!

Fazit zum Sachsen-Orbit

  • Die Route geizt nicht mit Sehenswürdigkeiten: Der Liebethaler Grund, das Kirnitzschtal, die vielen Panoramen auf das Elbsandsteingebirge, die Elbe… für mich gibt es kein imposanteres deutsches Mittelgebirge, als die Sächsische Schweiz. Landschaftlich gibt‘s hier also nichts zu bemängeln.
  • Mit Blick auf die Schwierigkeit lässt sich die Route in drei Teile teilen: Der erste Teil bis zum Kirnitzschtal bietet viele Fels- und Wurzelpfade und auch ein paar steile Anstiege, hier kommt man nur langsam voran. Der zweite Teil bis zur zweiten Elbüberquerung ist viel einfacher, hier kommen Gravelbikes zum Zug. Dahinter wartet nochmals ein knackiger Trail. Insgesamt war ich froh, mit einem MTB und einer Federgabel unterwegs zu sein.
Besonders zu Beginn gibt’s viele schwierige Passagen zu überwinden
  • Auf der Strecke sind mir überraschend viele Streckensperrungen begegnet. Manchmal handelte es sich um Waldarbeiten, die vermutlich erst vor kurzem eingerichtet wurden, bei anderen handelt es sich aber offensichtlich um dauerhafte Sperrungen. Der Track könnte an diesen Stellen noch etwas Feinschliff vertragen.
Deutliche Wegsperrung auf dem Track
  • Ansonsten war es wunderbar, mal wieder in diesem Teil Deutschlands unterwegs sein zu dürfen. Besten Dank an Robert Krügel für die Entwicklung der Route!

Hier meine Routenaufzeichnung auf Komoot:

Hier geht‘s zur Routenbeschreibung auf der Seite von Orbit 360.

Hier gibt‘s außerdem noch ein paar mehr Fotos von meiner Fahrt.

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