1. Don’t panic!
Vor meiner Abreise hatte ich große Sorge, dass ich irgendwann irgendwo im Nirgendwo dastehe und keinen Strom mehr habe. Dann könnte ich nicht mehr navigieren, keine Fotos mehr machen und mir mit meiner elektrischen Zahnbürste nicht mehr die Zähne putzen. So habe ich mit verschiedenen Lademöglichkeiten vorgesorgt, um auf Nummer Sicher zu gehen.
Nach mehr als einem halben Jahr muss ich feststellen, dass diese Sorge völlig übertrieben war. Niemals ist mir auch nur ansatzweise der Strom ausgegangen. Das liegt nicht nur an den Lademöglichkeiten, die ich am Fahrrad mitführe, sondern auch daran, dass man selbst in den entlegensten Ecken der Erde heute eine Steckdose findet.
In der Negev-Wüste war ich trotzdem einmal für ganze drei Tage vom Stromnetz abgeschnitten und in einsamen Wadis unterwegs. Als ich nach dieser Zeit eine Kleinstadt erreicht habe und in einem Café eine Steckdose zur Verfügung gehabt hätte, habe ich sie trotzdem nicht gebraucht. Nur eins von vier Kamera-Akkus war leer, den ganzen Rest der Elektronikflotte hatte ich während der Fahrt laden können.
Falls Du also nicht vorhast, für mehrere Wochen fern jeglicher Steckdosen unterwegs zu sein, dann mach Dir keine Sorgen. Du wirst weniger Strom verbrauchen, als Du denkst; zudem sind die Lademöglichkeiten auf dem Rad heute sehr effizient.
2. Wähle USB
Um während der Fahrt alle meine Geräte unkompliziert laden zu können, habe ich darauf geachtet, dass dies bei allen Geräten mit dem gleichen System möglich ist: per USB. Mit diesem universalen Anschluss kann ich – bis auf meinen Laptop – wirklich alle meine elektrischen Geräte laden: Das Handy, die Kamera, die Actioncam, das Rücklicht, die Stirnlampe und die bereits erwähnte Zahnbürste (ja, ich habe eine elektrische Zahnbürste dabei, etwas Luxus darf auch auf dem Fahrrad sein.)
Um also alle diese Geräte laden zu können, brauche ich im Prinzip nur ein Kabel. Sollte ich dieses Kabel verlieren, finde ich überall auf der Welt schnell Ersatz. Wie kann man aber nun für Strom sorgen, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist? Prinzipiell gibt es dafür zwei Möglichkeiten, nämlich das Laden per Nabendynamo und per Solarlader.
3. Dynamolader
Wer ein Fahrrad mit Nabendynamo besitzt, der wird diesen Dynamo nur selten für das Betreiben des Lichtes brauchen – man fährt eben doch tendenziell tagsüber. Eigentlich eine Verschwendung, liefern die modernen Dynamos doch eine ganze Menge Strom. Ich selbst habe den SON 28 an meinem Fahrrad verbaut, der beliebteste und wohl auch effizienteste Nabendynamo. Doch auch Shimano und die anderen großen Namen bieten heute gute Dynamos, die schon bei geringen Geschwindigkeiten zuverlässig Strom liefern.
Nun kann man allerdings nicht einfach ein Kabel an den Dynamo hängen und darüber ein Gerät laden, dafür ist ein Stromumwandler bzw. ein Laderegler notwendig. Ich selber habe den Forumslader am Fahrrad verbaut. Dieser wird von Jens During gebaut und vertrieben, auf seiner Homepage kann man entweder die einzelnen Teile bestellen und ihn mit etwas Erfahrung im Löten selber zusammen bauen, oder aber, man bestellt gegen einen Aufpreis direkt das fertige Produkt. Ich habe dieses in mein Steuerrohr eingebaut. Am oberen Ende des Steuerrohrs sitzt eine USB-Buchse, über die ich direkt laden kann.
Je länger ich den Forumslader nutze, desto begeisterter bin ich. Das bestätigen auch mehrere Tests, die aufweisen, dass der Forumslader die beste Ladebilanz im Vergleich zu anderen Ladereglern aufweist. Auch sehr gut scheint der Plug V von Cinq (einer Schwesterfirma von Tout Terrain) zu sein. Mir sind zudem Radfahrer begegnet, die deutlich günstigere Varianten genutzt haben und damit auch zufrieden waren.
Welchen Laderegler Du auch immer wählst – wenn Du einen Dynamo am Fahrrad hast, dann nutze diesen für die Stromversorgung! Du wirst den meisten – womöglich sogar den ganzen – Strombedarf damit abdecken können.
4. Solarlader
Mobile Solarpanel werden immer beliebter, damit aber auch immer günstiger. Ein Solarlader auf Reisen, funktioniert das überhaupt? Braucht der nicht ewig zum Laden? Mit ähnlicher Skepsis habe ich diese Teile selber lange betrachtet, nachdem ich jedoch an einem sonnigen Tag meine Powerbank für ein paar Stunden an ein solchen Solarlader gehängt habe, war ich eines besseren belehrt: Die leere Powerbank war nach wenigen Stunden wieder voll geladen.
Die Solarlader laden schnell und zuverlässig, selbst, wenn der Himmel leicht bewölkt ist. Wer also keinen Dynamo am Fahrrad hat oder Strecke fährt, in denen er selten schneller als 10 Kilometer pro Stunde zurücklegt, für den ist der Solarlader eine gute Wahl. Man kann ihn einfach an die Lenker-, die Gepäckträgertasche oder an den Rucksack hängen und ihn dort seine Arbeit machen lassen. Wenn es regnet, sollte man ihn einpacken, dabei allerdings darauf achten, die Solarzellen nicht zu verbiegen oder zu knicken.
5. Powerbanks als Zwischenspeicher
Wie bereits erwähnt nutze ich Powerbanks als Zwischenspeicher. Meinen Solarlader lasse ich zum Beispiel immer nur eine Powerbank laden, niemals direkt ein Gerät. Die Powerbanks können mit der unbeständigen Ladestärke des Dynamos und des Solarladers besser umgehen. Im Forumslader sind von Vornherein kleine Powerbanks integriert, die den Strom des Dynamos speichern und weitergeben.
Powerbanks machen zudem den ganzen Ladeprozess nochmals einfacher. Habe ich Strom zur Verfügung – sei es durch den Dynamo, den Solarlader oder durch die Steckdose – so muss ich nicht die einzelnen, kleinen Geräte hervorkramen und nacheinander laden. Ich lade vielmehr die Powerbanks und habe so Strom für das spätere Laden (oder auch parallele) zur Verfügung.
Es gibt mittlerweile sehr große Powerbanks mit einer Kapazität von 20.000 mAh und mehr. Ich habe allerdings zwei kleine Powerbanks dabei, und zwar aus folgenden Gründen: Zum einen bin ich nicht aufgeschmissen, sollte eine ihren Dienst quittieren. Zum anderen kann ich damit in Cafés, Restaurants und Hotels effektiver laden, also in doppelter Geschwindigkeit, indem ich eben beide Powerbanks zur gleichen Zeit an zwei Steckdosen hänge.
Zusatz: Probiere die Stromlosigkeit aus
Manchmal, wenn ich mir über etwas Sorgen mache, stelle ich mir selbst die Frage, was das schlimmste wäre, das passieren könnte. Im Falle der Stromversorgung wäre das klarerweise, dass mir der Strom ausgeht, dass alle meine Powerbanks leer sind und auch langsam meine Geräte ihren Geist aufgeben. Doch wenn ich ehrlich bin, würde mir auch das nur in den seltesten Fällen wirklich schaden. Sollte ich nicht mehr mit dem Smartphone navigieren können, würde ich fast immer doch ins nächste Dorf kommen; ein Tag ohne geladene Kamera ist zur Abwechslung auch einmal eine gute Erfahrung; und selbst eine Nacht ohne künstliches Licht kann einem neue Horizonte eröffnen.
Bei all der guten und notwendigen Vorbereitung rate ich also zur Gelassenheit. Normalerweise reicht es, mit einer Ladeart, also entweder einem Dynamolader oder einem Solarpanel unterwegs zu sein. Bei der nächsten Reise werde ich den Solarlader zu Hause lassen und nur noch auf den Dynamo setzen.