20 Fotos und ein paar Worte aus Jordanien

by Benni

Seit einem Monat bin ich in Amman. Ich habe ein Dach über dem Kopf, schlafe in einem Bett und gehe regelmäßig in dem Supermarkt um die Ecke einkaufen – die Zivilistation hat mich also wieder. Damit vergeht auf einmal aber auch die Zeit wieder ganz schnell – schon einen Monat bin ich hier? Es wird Zeit, einige Erlebnisse mit Bildern und Worten festzuhalten.

Begrenzte Möglichkeiten

Meine Kamera nutze ich hier allerdings nur selten, in den meisten Fällen sind keine Fotos erlaubt. Und auch mit Worten will und darf ich nicht alles beschreiben. Doch auch Nebensächlichkeiten können interessante Geschichten erzählen. Und wieso soll man Lesern eigentlich nicht zumuten, zwischen Zeilen zu lesen?

Foto von mir

An der syrischen Grenze

In Haifa habe ich einen Südafrikaner kennengelernt, der seit einigen Jahren in der Flüchtlingsarbeit an der syrischen Grenze engagiert ist. Er hatte mich zu sich eingeladen, sodass ich, nachdem ich gerade in Amman angekommen war, direkt nach Mafraq weitergereist bin. Ich verbrachte also zunächst eine Woche ganz im Norden Jordaniens an der syrischen Grenze.

Mafraq hatte noch vor zehn Jahren etwa 50.000 Einwohner, heute sind es über 120.000. Die Stadt ist voll von syrischen Flüchtlingen, die sich in den verfügbaren Wohnraum der Kleinstadt quetschen. In Mitten der Stadt befndet sich die Alliance Church. Diese Gemeinde kümmert sich seit dem Beginn des Krieges um die zugezogenen Syrer. Sie bietet jeder Familie Matratzen, Heizkörper und Essenspakete an, die sie durch Spenden verschiedenster christlicher Werke kaufen und auf Hausbesuchen verteilen. Meine Hauptbeschäftigung besteht darin, die Gemeindemitglieder und internationalen Langzeitmitarbeiter auf diesen Hausbesuchen zu begleiten.

Die meisten Syrer, die wir besuchen, leben unter ärmlichen Bedingungen: Die Großfamilie teilt sich oft einen einzigen Raum, viele Dächer sind undicht, isolierte Wände und Fenster gibt es nirgendwo. Trotzdem wird die arabische Gastfreundschaft, die ich während meiner Reise schon mehrmals kennen lernen konnte, auch unter diesen Umständen aufrecht erhalten. Immer wird uns Tee serviert, der einzige Heizkörper im Haus wird selbstverständlich zu uns gedreht.

Heizkörper gegen die jordanische Kälte

Fast alle Syrer, die ich besuchen darf, sind aber nicht nur gastfreundlich, sondern auch ungemein offen. Fast jeder Besuch zieht sich über eine Stunde, in der wir nicht nur die Güter verteilen und Tee trinken, sondern auch ganz offen einander erzählen und zuhören. Natürlich zeigen sich alle ganz begeistert von meiner Reise, zudem erzählt mir fast jeder von einem Verwandten in Deutschland.

Neben der Hausbesuche kann ich noch in diverse anderen Projekte einen Einblick gewinnen. Ich bin beeindruckt von der Arbeit der Gemeinde; nach eigenen Angaben haben sie mittlerweile etwa die Häfte aller Syrer in Mafraq besucht und mit Hilfsgütern versorgt; viele Familien werden zudem über mehrere Monate und Jahre regelmäßig besucht und betreut.

Unterwegs mit Australiern

Neben mich zieht es jährlich viele hunderte andere Kurzzeitfreiwillige nach Mafraq und in die Alliance Church. Ich treffe also nicht nur auf viele Syrer, sondern auch auf Christen von der ganzen Welt. Mit acht Australiern, die Flüchtlingen Englischunterricht erteilen, verbringe ich besonders viel Zeit. Während ihres Unterrichtes kümmere ich mich um die Kinder der lerneifrigen Eltern. Am freien Samstag fahren wir zusammen nach Gerasa, einer antiken Stadt, die Teil der Dekapolis war und bis heute sehr gut erhalten ist.

Auf dem Rückweg kann ich die Australier und unseren Busfahrer dazu überreden, in Rihab Halt zu machen. Ich hatte gelesen, dass dort vor kurzem eine Gruft entdeckt worden ist, die viele für die älteste „Kirche“ der Welt halten. Über ihr befindet sich eine Kirche aus dem dritten Jahrhundert, in dieser wiederum ein Mosaik, das die „70 von Gott Geliebten“ erwähnt. Die Vermutung liegt nahe, dass die 70 Jünger Jesu aus Jerusalem geflohen sind und sich in der Gruft versammelt haben.

Die Australier und ich sind uns einig, dass das alles sehr spekualtiv ist. Trotzdem wollen wir gerne einen Blick auf diesen vom Tourismus noch unentdeckten Ort werfen. Nach einigem Suchen finden wir die Kirche, leider ist der Zugang zur ihr aber gesperrt, als wir ankommen. Dennoch gelingt es mir, einen Blick in die Gruft und auf das Mosaik zu werfen. Hier müssen Worte und Bilder mal wieder schweigen; ich verrate nur so viel: Es gab einen Zaun und zusätzlich Kinder, die sich nicht um diesen scherten.

Deutsches Brot in Amman

Nach der Woche in Mafraq ging’s zurück nach Amman. Hier sind mein Fahrrad und ich bei einem amerikanischen Ehepaar untergebracht. Ich habe ihnen wohl etwas zu häufig von deutschem Brot vorgeschwärmt, eines Tages betrat der Mann nämlich die Wohnung mit einem 30 kg schweren Mehlsack. Seitdem backt er eifrig Brot nach deutschen Rezepten. Ihr seht also – ich bin gut aufgehoben und mal wieder reich beschenkt.

Regionale Küche

Abgesehen vom Brot ist das Essen in Jordanien gar nicht so schlecht. Besonders Falafel und Hummus liebe ich. Einige Produkte allerdings werden anscheinend nur für reiche Ausländer importiert, das Kilo Haferflocken etwa kostet mehr als 10 Euro. Auf mein geliebtes, selbst gemixtes Müsli muss ich also noch einige Zeit verzichten.

Übrigens: Reiche Ausländer gibt es in Amman zu Hauf. Ich treffe hier fast täglich neue Expats, also Mitarbeiter internationaler Firmen und Entwicklungshelfer. Die Wirtschaft Jordaniens wird zu einem großen Teil durch die internationale Entwicklungshilfe getragen.

Neugierige Kinder und frierende Iraker

Besonders mit den Kindern dieser Expats habe ich hier viel zu tun. Das habe ich eigentlich nicht so geplant, aber es hat sich bald so ergeben und ich bin froh, dass ich mich auf diese Weise nützlich machen kann: Jeden Freitag leite ich eine Kinder-Fußballgruppe. Am Donnerstag gestalte ich zwei Stunden in einer Unterrichts-Kooperative von Ausländern, die ihre Kindern für gewöhnlich zu Hause unterrichten. Ich bringe den Kindern Ultimate Frisbee bei, beim ersten Mal habe ich ihnen zudem von meiner Reise erzählt. Die Zeit hat lange nicht gereicht, um alle Fragen der interessierten Kinder zu beantworten.

Erzählen vor neugierigen Kindern

Daneben arbeite ich viel mit einem Deutschen zusammen, der seit eineinhalb Jahren mit den Christlichen Fachkräften International als Entwicklungshelfer in Amman tätig ist. Seine Hauptbeschäftigung besteht darin, Sportangebote für Flüchtlingen aus dem Irak zu organisieren. Sobald die Temperatur allerdings unter 10 Grad fällt, ist es äußerst schwierig, die Iraker dazu zu motivieren, ihre vier Wände zu verlassen. Ich finde das ziemlich amüsant: Was man bei uns in Mitteleuropa als ideale Sporttemperatur bezeichnen würde, lässt hier alle zu trägen und energielosen Wesen gefrieren.

Aber obwohl die Sportangebote im Moment oft ausfallen, gibt es genug andere Aktivitäten. Zusammen mit dem deutschen CFI-Mitarbeiter und seiner Familie besuche ich drei verschiedene Gemeinden. Dadurch ergeben sich wiederum andere Kontakte und Aktivitäten. Insgesamt verläuft mein Leben gerade recht unstrukturiert, jeder Tag hält neue Überraschungen parat, ich finde das für den Moment aber gar nicht so schlecht.

Auf Entdeckungstour

Es bleibt auch genug Zeit, um weiter das Land zu entdecken. In und um Amman gibt es viele interessante Orte, wie zum Beispiel die Stadt Madaba. Hier kann man ein weltberühmtes Mozaik besichtigen, auf dem eine Karte des Nahen Ostens aus dem 6. Jahrhundert abgebildet ist. Zudem wird einem in einer anderen Kirche eine Schüssel präsentiert, in die der Kopf von Johannes dem Täufer gelegt worden sein soll. Dies scheint mir mehr Touristen-Magnet, als evidente Tatsache zu sein, offensichtlich sehen das aber nicht alle so: Der Schüssel wird regelmäßig Geld und sogar Passfotos zu Füßen gelegt.

Die Felsenstadt Petra

Das beeindruckenste touristische Highlight Jordaniens ist definitiv die Felsenstadt Petra, sie gehört zu den sieben modernen Weltwundern. Dass es hier was zu sehen gibt, hat sich mittlerweile rumgesprochen, tägliche besichtigen viele tausenden Touristen diesen Ort (neuerdings schrauben günstige Ryanair-Flüge nach Amman die Toruistenzahl weiter nach oben). Aber trotzdem sollte einen das nicht abschrecken, diese tausende in Fels gehauenen Gebäude und Gräber bringen mich am laufenden Band zum Staunen. Mit dem CFI-Mitarbeiter und zwei seiner Kinder verbringe ich einen ganzen Tag in Petra, wir laufen fast 20 Kilometer durch die nicht enden wollenden Schluchten und Wadis.

Bis Anfang März werde ich noch in Amman bleiben. Ich bin dankbar, hier sein zu können, an einigen Stellen mitarbeiten zu dürfen und unterschiedlichste Faceten Jordaniens kennenlernen zu können. In drei Wochen schwinge ich mich wieder auf mein Fahrrad, um meine Reise fortzusetzen.

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2 Kommentare

Mirjam B. Februar 11, 2019 - 14:25

Es ist super, eine Beschreibung zu lesen von jemandem, der das mit eigenen Augen sieht: Amman, die Städte rundherum, die Flüchtlinge, Stadtbewohner…..Deine Erlebnisse….danke für die Photos und Texte und weiterhin alles Gute. Gott gebe dir Führung und Schutz! Grüsse von Mirjam aus Basel Erasmusplatz

Antwort
Velospektive Februar 11, 2019 - 17:13

Danke Mirjam,
ganz liebe Grüsse zurück an den schönen und in meinen Erinnerungen immer wieder auftauchenden Erasmusplatz!

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